
In ihrem Text, schreibt Dara Brexendorf von der Zeit, als ein grosser Teil Kiels für Wochen von donnernden Hammerschlägen erschüttert wurde.
Ein Kleingartengelände fiel dem Bau eines Möbelhauses zum Opfer.
Ebenso eine sechs Hektar grosse Ausgleichsfläche, die versehentlich gerodet wurde.
Lesend erinnern.
Dara Brexendorf’s Sprache erwischt mich.
Sie beschreibt die Hoffnungslosigkeit, das etwas Engegensetzen, pachtet mit anderen Mitstreitern einen Schrebergarten.
“ Im März hören wir das erste Kreischen der Möwen. Im Winter halten sie sich gerne bei Mülldeponien und Fischereihäfen auf. Im Frühjahr besiedeln sie vermehrt die Dächer der Stadt, suchen sich Nistplätze und werden lauter bis der Sommer kommt.
Normalerweise empfinden wir ihr Kreischen als Angriff. Jetzt freuen wir uns, wenn das Kreischen das Hämmern übertönt.
Wir sagen: Bei uns hört man es auch und das ist am Ende der Stadt.
Wir sagen: Schön ist das nich, geh auf gar keinen Fall hin.
Wir sagen: Das Stampfen klingt wie eine Depression.“
Poetisch verwebt ein kollektiver Erzähler, mit lyrischer Melodie, die Wochen jenes Übergriffes. Das erschafft einen Strom unterm Strom.
“ Einmal sitzt ein Entenpärchen auf dem Asphalt, als wir die Gartensiedlung verlassen. Die Enten wärmen sich an der Restwärme, die im Strassenbelag gespeichert ist. Sie sind in sich selbst versunken. Als wir stehenbleiben, um ihnen zuzuschauen, drehen sie nicht einmal den Kopf nach uns.“
Ein melancholischer Text, aber nicht nur. Man spürt die Fassungslosigkeit, den Zorn, die Hoffnungslosigkeit, den Mut, das Aufbegehren.
Das Gärtnern, auf der zur Verfügung gestellten Ausgleichsfläche, wird zum Akt des Gegenhaltens.
“ Wir sagen: Dieser Garten hat einen Charakter.
Wir sagen: Unter dem Land liegt Feinfühligkeit.
Wir sagen : Ich habe Wurzeln aus dem Boden gezogen, von denen ich keine Ahnung hatte.“
Ein besonderer Text, der durch Sprachkraft und Poesie besticht.
Aufmerksam geworden bin ich durch : https://leseschatz.com/ (Hauke Harder). Danke.
Dieser jungen Autorin wünsche ich noch sehr viele Leser und bin gespannt auf ihr Debüt.
Dara Brexendorf: Restwärme (DgR 8)
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