Guben 1986/88
Die Wohnung von D. durchzieht ein Hauch Anis.
Es kommt an das Fleisch zusammen mit Sojasoße und anderen Geheimzutaten, die direkt aus China mitgebracht wurden.
Ich will auch mal dahin, sagst du am Mittagstisch. Und A. fragt, „ach warum, das kann man doch alles im Fernsehen sehen.“
Du sagst, du willst das echte Leben, das reale und du isst dieses Mittagessen dass fremd und verlockend zugleich schmeckt. A. hat dein Lieblingsrezept gekocht.
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Im Wäldchen hinterm Werk sammelt sich die Chemieseide, das wird gemunkelt und du weißt nicht ob das stimmt. Das Leben war eben noch voller Möglichkeiten, aber der Zweifel hat sich eingenistet.
Die Parolen in der Kandidatenschulung ermüden dich, die Übererfüllung des Plans im Werk, das Gemunkel das ein Großteil der Spulen mit Chemiefasern auf dem Abfall landet. Die Natur vermüllt wird mit Fasern die nicht abbaubar sind.
Du suchst.
In den Jugendstunden der Kirche hörst du etwas über Jesus.
B. hat dich gefragt, ob du mitkommen möchtest, als sie spürte wie dein Zweifel wuchs. Sie hatte einen Heiden Ärger bekommen wegen der Bibel im Regal.
“ Bist du verrückt?“, flüstert sie dir zu. “ Du kannst doch in das Ausgangsbuch nicht Kirche reinschreiben.“
Du verstehst nicht, warum man in Orgelkonzerte darf, in Jugendstunden aber nicht. Es geht nur um Spuren im Sand. Um getragen werden.
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Du wirst dich erinnern an chinesische Gerichte, an ein Gefühl von zu Hause sein, wenn du dort bei A. am Mittagstisch sitzt.
Du wirst dich erinnern an die junge vietnamesische Gastarbeiterin, die euch zum Essen einlädt. Ihr werdet ermahnt. Gemeinsames Essen mit Gastarbeiterinnen ist nicht erlaubt.
J. wird eingezogen. Du bist bei der Vereidigung dabei. Das Fremdheitsgefühl zu diesem Land verstärkt sich. Überall Parolen, Phrasen.
Mit dem Chor singt ihr auf einer Parteiveranstaltung : Mein Herz muss barfuß gehen.
Was für ein Kitsch, denkst du und verlässt den Chor.
Du hast angefangen zu rauchen. Das geht auf die Lunge. Du hörst mit dem Training auf.
Am Ende von Guben sind alle weg, nur du bist noch da. Arbeitest in dieser kleinen Abteilung, abgeschnitten vom internationalen Flair der anderen Abteilungen. “ Wieder ein Tag geschafft“, sagt deine Kollegin als sie nach Hause geht.
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