Zahnlos stand sie am Tresen des alten Kinos. Ich hätte sie überall wiedererkannt. Sie trank Portwein, den sie eingeschmuggelt hatte und war mit dem Barkeeper in ein Gespräch vertieft.

Sie redete laut. Wenn der Barkeeper antwortete, legte sie manchmal ihr Hörrohr aus Büffelhorn ans Ohr. Sie hört nicht gut. Hörgeräte und Zahnprothesen lehnt sie ab.

“ Guten Abend“, Marian Leatherby.“

Die Hyäne zu ihren Füßen irritierte mich.

“ Gehört Leonora“, sagte sie und dachte in sich versunken nach.

“ Wir haben mal Portwein aus Wärmflaschen getrunken oder?“

„Ja“, sagte ich. „Du hattest mir von diesem dubiosen Altersheim: Bruderschaft zur Quelle des Lichts“ erzählt- der  Revolution, und der Eiszeit die anbrach.“

“ Turbulente Zeiten“, murmelte sie.

Und setzte hinzu:

“ Eiszeitalter vergehen, und obwohl die Welt zur Zeit überfroren wird, glauben wir, daß der Tag kommen wird an dem wieder Gras und Blumen wachsen. „

„Das sagtest du damals schon.“

Marian nahm die Hyäne, ihr Hörrohr, den Portwein. “ Ich kann dir was abnehmen Marian.“

Sie wehrte ab.

“ Leonora im Morgenlicht“ murmelte sie. Ihr Tonfall ließ sich nicht deuten.

Die Lichter im Kinosaal dimmten. Der Portwein mäanderte durch meine Adern, als hätte ich ihn selbst getrunken.

Das Fell der Hyäne roch nach alten Gummistiefeln.

Ihr Geruch vermischte sich mit dem Duft von Popcorn.

Jemand überlegte laut, ob er seinen Norwegerpullover ausziehen solle. Marian nestelte an ihrer Katzenhaarweste. (Sie hatte über Jahre ihrer Katze das Fell gebürstet und die Haare sorgsam aufbewahrt.)

Ich versuchte mich auf die Leinwand zu konzentrieren, um den Sog zu entkommen.

Eine junge Frau. Wild. Eigenwillig. Frei.

( Text bezieht sich auf: Das Hörrohr“ von Leonora Carrington und den Film

„Leonora im Morgenlicht“

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