Ich las dieses Buch als erstes Buch von der Shortlist.
Ich las es vor der Preisverleihung und vor den Projektoren.
Der Roman von Martina Hefter und ich begannen bereits bei der Überschrift zu streiten. Mich erinnerte die Überschrift an „Guten Morgen du Schöne“ von Maxie Wander. Und ich dachte nee, das gehört zu Wander, das gehört zu diesem Kultbuch der untergegangenen DDR. Das darf man allerhöchsten als Ostdeutsche/r klauen, wenn überhaupt.
„Hej, Guten Morgen Wie geht es dir? “ ist keine Unterhaltungsliteratur, geht aber dennoch nicht in die Tiefe.
Mit tänzerischer Leichtigkeit streift Hefter verschiedene Themen, wie zum Beispiel nicht mögliche Inklusion.
Hier blieb ich erneut hängen. Ich bin Heilerziehungspflegerin. Ich konnte es nicht ertragen, dass Jupiter nicht sichtbar wurde. Jupiter ist Junos Partner und schwer erkrankt. Er sitzt im E- Rolli, in einer nicht ebenerdigen Wohnung ohne Aufzug.
Mit nem E Rolli fünf Stufen runter zu müssen ist allein nicht machbar. Die Dinger sind einfach scheiße schwer. Immer wenn Jupiter mal zu nem Arzttermin muss, braucht es Nachbarschaftshilfe.
Juno pflegt Jupiter, viel mehr an Beziehung scheint es nicht zu geben. Mich hätten Gespräche mit ihm interessiert: „Hej Guten Morgen wie geht es dir in diesem Alptraum Jupiter?“
Stattdessen:
Keine Augenhöhe, keine Inklusion. So nahm ich es wahr.
Jupiter gefangen in einer Stadtwohnung. Als er den sarkastischen Wunsch äußert ins Altersheim zu wollen ( irgendwann ), sagt Juno: In diese Hölle lasse sie ihn nicht gehen.
Jupiter mag Spekulatius. Juno kauft sie sobald die Vorweihnachtszeit angebrochen ist, also jetzt und wenn ich es richtig verstanden habe, sind die dann auch billiger.
Wir sind jetzt also im prekären Dasein angelangt. Sie haben ein Dach über dem Kopf, aber Beide sind selbständig, viel bleibt zum Leben nicht.
Dann kam die Konsumszene, in der Juno weinend zusammenbrach.
Und ich dachte okay, ist echt schwierig, Bordsteine, Bahn fahren ohne Einstiegshilfe, prekäre Jobs, kein Geld, Pflege und das Gefühl keine Option zu haben.
Im Literarischen Quartett wurde gesagt: Man solle das Buch nicht so und so lesen. Sondern es ginge einzig und allein oder vorwiegend um die tänzerische Leichtigkeit des Textes und die kluge 2. Ebene mit Planetenumlaufbahnen und nachtaktiven Göttern.
Wobei ich das mit dem “ nicht so lesen können“ in Frage stelle. Man kann ja Proust zum Beispiel mit zwanzigtausend verschiedenen Brillen lesen. Das hab ich mal irgendwo gesehen oder gehört und fand das voll spannend. Ein Mathematiker las die Recherche mathematisch, ein anderer mit der Brille der Tausendundeinen Nacht. Warum also sollte ich “ Hej, Guten Morgen“, nicht durch die Inklusionsbrille lesen dürfen.
Zurück zum Roman.
Das Dasein unter diesen ausgrenzenden und prekären Bedingungen ist hart.
Juno entflieht in die Arme des nigerianischen Love- Scammers Benu, indem sie sich nachts hin und herschreiben. Es wird klar, dass Benu das auch nicht aus Jux und Tollerei macht, sondern weil er auch von was Leben muss
Ich verstand am Ende des Buches nicht, was es mir sagen wollte.
Im Literarischen Quartett hörte ich dann: von klugen Kompositionen, feinem, leisen Umrunden. Hörte von Planeten und Götterebenen. Benu als Totengott erscheint nur in der Nacht, wenn Juno Jupiter gerade mal nicht umkreist. Das Literarische Quartett verwechselte Jupiter mit Zeus und fand Anstreicher aus einem anderen Roman peinlich. Aber das ist offtopic.
Was ist die Message dieses Buches? Was habe ich übersehen?
Das ist eine ernstgemeinte Frage. Wie habt ihr diesen Roman gelesen.
( Ich gebe zu, dass es sein könnte, dass ich durch eine berufsbedingte Hyperfokussierung auf den Themenkomplex Inklusion , den Roman einseitig gelesen habe)
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