Wie ein Seeschwalbenkind drückt sich der kleine Marcel in Combray gegen Decken und Kissen. Er baut sich das Nest im Dunkel seines Zimmers, während der Kaminschein die Nacht erhellt, wartet er auf die Mutter die den Gutenachtkuss vergaß.
„( wie die Seeschwalbe, die ihr Nest tief in einem Gang in der Wärme der Erde hat“)*
Etwas Intuitives, zutiefst mit der Natur Verbundes, geht von dieser Szene aus.
Im Band sieben ist es nicht mehr der kleine Junge in Combray, der im dunklen Zimmer wach liegt. Es ist Marcel, ein Mann um die dreißig vielleicht, der in einem Gästezimmer im Hause Gilbertes auf Vögel und Rosentapeten sieht. So lebendig erscheinen ihm die Motive, dass er die Rosen pflücken und die Vögel in einen Käfig sperren möchte, um sie zu zähmen. Vielleicht, denke ich, ist es ein Ausdruck von Gezeichnet sein, Geworden sein. Vielleicht ist es auch der ins Bild gebrachte Wunsch, Erinnerungen bewahren zu können.
Noch hat Marcel nicht begonnen zu schreiben.
Während ich bei geöffneter Balkontür, Kaffee trinke, Proust lese und blogge, ziehen Mauersegler in sich überlagernden Kreisen ihre Bahn. Wie unwillkürlich auf – und abtauchende Erinnerungen und Gedanken.
Sie lassen sich tragen vom stetigen Wechsel. Bis zu zehn Stunden können sie ununterbrochen in der Luft sein. Sammeln im Wind aerodynamisch passendes Nestbaumaterial, fressen und lieben im Flug.
Vielleicht ist es das freie Schweben, das sie in beständig hohen Zirpen das Leben feiern lässt.
Ich lasse die Vögel von der Tapete ins Freie fliegen, erfinde den Rosen Wurzeln, pflanze sie neben Lavendel und Thymian im Garten vorm Haus in Tansonville – bevor sie gepflückt werden können.
Möge Marcel mir verzeihen.
*Zitat aus : „Unterwegs zu Swann“ /S.13
Hinterlasse eine Antwort zu Xeniana Antwort abbrechen